Ein besonderer Forschungsneubau entsteht im Rheinischen Revier: Infrastruktur für die Charakterisierung von Materialien

Ein besonderer Forschungsneubau entsteht im Rheinischen Revier: Infrastruktur für die Charakterisierung von Materialien


Unter dem Richtkranz (v. l.): Prof. Rafal Dunin-Borkowski, Prof. Carsten Sachse (beide Direktoren ER-C), der Jülicher Vorstandsvorsitzende Prof. Wolfgang Marquardt, Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft NRW, Judith Pirscher, Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Landrat Wolfgang Spelthahn und Prof. Joachim Mayer (Direktor ER-C)
Copyright: Forschungszentrum Jülich / Ralf-Uwe Limbach

Mit Hilfe von Elektronenmikroskopen der nächsten Generation soll im „Ernst Ruska-Centrum 2.0“ mitten im Rheinischen Revier eine weltweit einzigartige Infrastruktur für die Charakterisierung von Materialien entstehen. Das nationale Kompetenzzentrum für höchstauflösende Elektronenmikroskopie soll auch im lokalen Umfeld für ansiedlungswillige Unternehmen herausragende Möglichkeiten zur beschleunigten und nachhaltigen Entwicklung neuer Werkstoffe schaffen.

Im Beisein von Staatssekretärin Judith Pirscher aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, feierte das Forschungszentrum Jülich heute das Richtfest für den Neubau als Meilenstein auf dem Weg zu dieser Forschungsinfrastruktur.

Ob innovative Werkstoffe für die Energiewende oder neue Medikamente für die Behandlung der Alzheimer-Krankheit: Der Schlüssel zur schnellen Entwicklung liegt im Verständnis der elementaren Funktionen auf atomarer und molekularer Ebene. Die hochauflösenden Elektronenmikroskope des Ernst Ruska-Centrums am Forschungszentrum Jülich geben schon heute präzise Einblicke in atomare Strukturen und werden im Projekt „ER-C 2.0“ weiter ausgebaut. Die konsequente Weiterentwicklung und Erweiterung der elektronenoptischen Verfahren und Instrumente entspricht dem steigenden Bedarf an atomar aufgelöster Charakterisierung, der heute in vielen Wissensgebieten besteht. Zugleich soll das ER-C 2.0 dazu beitragen, die Spitzenstellung Deutschlands in diesen Bereichen nachhaltig zu sichern.

Dazu entsteht auf dem Jülicher Campus ein rund 23 Millionen Euro teurer Bau für sechs neue Höchstleistungselektronenmikroskope mit ganz besonderen Anforderungen. So muss das Fundament stellenweise 150 Zentimeter dick sein und von der Umgebung entkoppelt werden, weil kleinste Erschütterungen, beispielsweise durch vorbeifahrende LKW, die Messergebnisse verfälschen könnten. Mit einer Fläche von fast 10.000 Quadratmetern wird das ER-C 2.0 mehr als doppelt so groß sein wie das bisherige Gebäude. Dabei zielen die neuen Instrumente mit ganz unterschiedlichen Spezifizierungen auf eine höchstmögliche spektroskopische, zeitliche und räumliche Auflösung in Kombination mit korrelativen Untersuchungsmöglichkeiten ab. Mit der Kombination von Instrumenten und korrelativen Techniken wird ER-C 2.0 neue Möglichkeiten für die Charakterisierung weicher und biologischer Materialien bieten, zusätzlich zu den Weiterentwicklungen des bestehenden Schwerpunkts des ER-C, der auf anorganischen Materialien liegt.

Neben den physikalischen Messräumen entstehen in dem Gebäude Labore, 65 Büroräume und ein großer Seminarraum. Prägend für das Gebäude ist ein übergroßes rundes Fenster an der Frontseite, das symbolisch für den Blick auf das Kleinste steht.

Bedeutung für den Strukturwandel

Von der Nutzung des ER-C 2.0 werden neben der akademischen Forschung auch Unternehmen profitieren, beispielsweise aus dem Energie-, Medizin- und Pharmasektor sowie aus dem Bereich der Informationstechnologie. Diese erhalten durch das ER-C 2.0 mit seinen Hochleistungsgeräten an einem Ort die weltweit einzigartige Möglichkeit, Materialien für neue Speicher und Prozessoren, etwa im Bereich der Quantentechnologie, oder neue Werkstoffe und Medikamente zu entwickeln – und damit einen entscheidenden Anreiz, sich im Rheinischen Revier anzusiedeln. Die geplante Nutzereinrichtung gründet auf dem bereits bestehenden Ernst Ruska-Centrum für Mikroskopie und Spektroskopie mit Elektronen (ER-C) am Forschungszentrum Jülich und wird gemeinsam mit der RWTH Aachen, der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und weiteren assoziierten Kooperationspartnern aufgebaut.
 
Stimmen zum Richtfest:

„Vom vertieften Blick ins Kleinste versprechen wir uns große Entdeckungen in der Materialforschung und darüber hinaus. Mit dem ER-C 2.0 wird ein Vorhaben der Nationalen Roadmap für Forschungsinfrastrukturen umgesetzt, dass der Wissenschaftsrat als herausragend bewertet hat. Für das Gebäude und insbesondere die sechs Hochleistungselektronenmikroskope stellt der Bund daher Fördermittel in Höhe von rund 100 Millionen Euro zur Verfügung.“
Judith Pirscher, Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung

„Kleinste Details können Auslöser für die größten Innovationen sein! Die Materialforschung in Jülich wird uns helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. Ich bin sicher, dass die Entwicklung neuer Medikamente, smarter Chips und leistungsstarker Batterien das Leben der Menschen besser machen kann. So wird im Forschungszentrum Jülich der Blick ins Mikroskop zum Blick in die Zukunft. Besonders der Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort im Rheinischen Revier wird von diesem Projekt profitieren.“
Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft NRW

„Mit der Forschungsinfrastruktur des ER-C 2.0 entsteht ein weithin sichtbarer Leuchtturm, der für Wissenschaft und Wirtschaft interessant ist. Ein echter Standortvorteil für das Rheinische Revier im Werben um innovative Unternehmen unterschiedlichster Ausrichtung. Denn neue Materialinnovationen sind die Grundlage neuer Wertschöpfung.“
Prof. Wolfgang Marquardt, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums Jülich

Pressemitteilung des Forschungszentrum Jülich vom 11. Mai 2023